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Reisetagebuch 2010
Dienstag, den 07.09.2010
Dieses Jahr habe ich wieder meine Chi-Gong Lehrerin gefunden, bei der ich vor 16 Jahren gelernt habe. Das ist die Chinesin Zhou Yi. Ich begann sofort bei ihr wieder Stunden zu nehmen und mache nun eine Ausbildung als Chi-Gong Gruppenleiterin. Der erste Ausbildungsteil ist in Hui-Chun-Gong, die "Geheimgymnastik" der Kaiserin von China. Es macht mir viel Spaß, vor Allem zu merken, dass bei mir viele kleine Wehwehchen einfach verschwinden. Ich freue mich auf jede Stunde mit ihr.
Sie finden sie in Tübingen, ihrem Huichungong-Zentrum.
Montag, den 06.09.2010
Immer wieder, wenn ich in ehemaligen Synagogen auftrete, bin ich tief berührt von der Liebe und Hingabe, in denen verschiedene Menschen aus den Synagogenvereinen die Erinnerung an "ihre" Juden im Dorf pflegen.
Diese Leute zeigen eine echte Willen und Bemühungen, um die Geschichte nicht zu vergessen und die Holocaust nicht zu wiederholen. Ich fühle mich geehrt, vor solche Leute mein Programm zu geben.
So war für mich der Auftritt in der ehemaligen Synagoge Baisingen eine richtige Freude. An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich bei meinen Zuhörern und dem Schwarzwälder Boten bedanken, der so schöne Worte zum Auftritt gefunden hat.
Donnerstag, den 08.07.2010
Am Wochenende vom 2.7.10 bis 4.7.10 durfte ich wieder mal in der Hohenlohe und dem Taubertal Auftritte geben. Fünf Jahre lang wohnte ich, (Ende der achtziger, Anfang neunziger Jahre) mit meinem früheren Mann und meiner kleinen Tochter in einen kleinen Dorf bei Rot am See - und es waren wunderschöne Jahre.
Wenn ich in die Gegend komme, dann besuche ich gerne die früheren Nachbarn, meistens Bauern, und geniesse die idylische Landschaft.
Dieses Mal war es besonderes schön für mich, da ich schon seit mehreren Jahren nicht mehr in diese Gegend gekommen bin. Das Wiedersehen war sehr herzlich.
Am Samstag gab ich einen Auftritt im Jüdischen Museum Creglingen.
Trotz herrlichen Sonnenscheins war der Raum voll und das Publikum sehr aufmerksam. Dieses Mal habe ich es sogar geschafft, einen alten Bekannten von damals, ein Biobauer, der in Creglingen lebt und sich bei uns Lederhosen hat machen lassen, einzuladen. Er kam mit seiner Frau und meine Freude war groß, auch zu hören, dass die Lederhose bis heute noch im Benutzung ist.
Ich durfte anschliessend sein riesige Rosenfeld besuchen und paar Tipps über Rosensaftherstellung (mit Rosenblättern aromatisierter Apfelsaft) lernen.
Am Sonntag gab ich einen Auftritt in Michelbach an der Lücke, ebenfalls in der ehemaligen Synagoge. Ich besuchte vorher alle meine früheren Nachbarn und lud sie ein zu kommen. Und manche sind wieder gekommen, auch Leute die weit wohnen. Die alte Synagoge war voll mit bekannten, freundlichen Gesichtern, die mein früheres Programm schon mal erlebt haben. Es gab viel Lachen und richtig viel Vergnügen im Publikum und ich war beflügelt, badete im Glück und Liebe. Vor allem freute ich mich, dass zwei Pfarrer, die hier im Umkreis einmal tätig waren, erschienen sind.
Beide sind sehr starke, aussergewöhnliche und interessante Persönlichkeiten, die ich schon damals ins Herz geschlossen habe, weil sie viel Gutes in den Dörfern bewirkt hatten. Der eine war letztes Mal krank und konnte nicht kommen, doch dieses Mal kam er, am Stock, aber fröhlich und vergnügt. Der andere zog weit weg und doch er ist erschienen.
Mein bester Nachbar (der uns damals immer wieder Holz schenkte und auch sonst sehr hilfsbereit war) hat es auch geschafft - zum ersten Mal - meinen Auftritt zu sehen. Alle anderen Male war er krank oder weggefahren. Doch dieses Mal konnte ich ihn zuhause antreffen und besuchen, und er war der erste Besucher, der ganz vorne sass und laut gelacht hat zu den Geschichten. Solche Begegnungen beflügeln mich und bauen mich wieder auf.
Mittwoch, den 27.01.2010
Buttenhausen, Alte Realschule, Gedenkabend zum Holocaust
Ich bin gerne wieder in Buttenhausen und nehme an diesem Gedenkabend teil, da Buttenhausen mir ans Herzen gewachsen ist. Vor Allem berühren mich Frau Dilek Weißstern und die Kinder, die so schön mitmachen an diesem Abend, musikalisch und auch spielerisch. Für sie bin ich wieder dabei.
Ich möchte keine Schreckensgeschichte über die Schoah erzählen. Das ist nicht mein Anliegen. Gerade weil meine Familie direkt davon betroffen war (mein Vater verlor seine Eltern und den Großteil seiner Verwandschaft im KZ), ist es mir ein Anliegen, aus dem Kreis der Gewalt heraus zu treten. Heraus aus der Opfer/Täter-Rolle und hinein in eine neue Realität, wo nur Menschlichkeit herrscht. In eine Realität, wo kein Raum mehr ist für solche Schrecken. Ich trage heute abend wieder das palästinensische Kleid an, als Zeichen dafür, dass alle ethnischen Gruppen auf den ganzen Welt mit einander verwandt sind.
Deshalb erzähle ich diesem Abend eine heitere Geschichte aus der Kriegszeit, die Hoffnung in sich trägt. Die Geschichte, die mir ein alter Mann aus Dettingen/Erms erzählt hat, über seine Begegnung, als junger Soldat, mit einem einzigen Juden im Krieg. Gerade dieser Jude hat ihm vielleicht das Leben gerettet.
Die Geschichte erzähle ich extra humorvoll, um die angespannte Atmosphäre, die durch die schrecklichen Erinnerungen im Raum entstanden ist, aufzulockern. Die Leute lachen erleichtert und wir alle atmen auf.
Die Geschichte des Soldaten habe ich früher im Reisetagebuch niedergeschrieben und ist auch in den Hörproben zu finden.